lebenswertes

Perlen am Glasspiel, Teil 3

Als der Regen die Erde erfrischend benetzt hatte und das eingefaßte Sonnenlicht in den unzähligen Wassertropfen wie kostbare Edelsteine funkelte, da saßen die Igel abseits des Geschehens und warteten entnervt auf das Ende dieses lästigen Naturereignisses. Wie scheuten die Igel doch das Wasser, lediglich zum unvermeidlichen Trinken kamen sie ihm nahe. Kein Igel konnte sich erklären, wieso man das lebensnotwendige Naß so sehr mied und weshalb schon den Igelkindern die Gefahr dieses Elements eingeimpft wurde. Im Grunde war es ihnen aber auch gleichgültig, da sie selbst mit dieser eigenartigen Marotte gut durchs Leben kamen. Lediglich der König der Igel mochte diesen Zustand nicht länger hinnehmen, nachdem er jahrelang mit angesehen hatte, wie sich seine Untertanen um Pfützen schlichen, sich bei jedem Schauer scheu verkrochen oder sich angewidert zusammenrollten, wenn einige Regentropfen sie am Ende dennoch berührten. Vor allem waren dem gebildeten Regenten die abergläubischen Geschichten über ein sagenumwobenes Land des „Großen Naß“ ein Greuel. Der Legende nach sollte es nämlich in jenem Land eine breite Straße aus tosenden Wassermassen geben, einen Ort, um den sich Mysterien rankten, die das Verhalten der Igel ungut beeinflußten. So kann es nicht weitergehen, dachte sich der König. Eine Expedition sollte nun endlich Licht in das Geheimnis bringen. Doch wer war der rechte Igel für diese Mission? Zwar hätten die meisten sich gerne im Ruhm dieses geschichtsträchtigen Abenteuers gesonnt, doch wollte am Ende keiner naß werden! Da sich keiner freiwillig meldete, berief der König per Dekret zwei Igel für die Forschungsreise: einen Dichter und einen Gelehrten. Die beiden, so lautete der Auftrag, sollten klären, ob es eine Wasserstraße namens „Großes Naß“ gab, und wenn dieses Gebilde tatsächlich existierte, dann sollten sie dessen Geheimnisse entdecken, um so die Frage nach dem Grund für die Wasserscheu des Igelvolkes zu beantworten.

Einer königlichen Anordnung kann man schlecht etwas entgegensetzen – und so brachen die beiden Igel widerwillig auf, um das Land des „Großen Naß“ zu finden.

Nach Tagen der erfolglosen Suche trafen sie auf einen Raben, der entrückt auf einem Baume saß. „Guter Rabe! Gevatter! So hört doch!“ riefen die beiden. Es dauerte eine Weile, bis die zwei sich überhaupt bemerkbar machen konnten. Schließlich öffnete der Rabe langsam seine schwarzen Augen und sah ein wenig herrisch hinunter zu den stacheligen Querulanten. „Krah! Ihr wollt zum Fluß?“ fragte der Rabe unberührt.

Die beiden Igel sahen sich verdutzt an. „Nein, Gevatter, wir wollen zum Großen Naß! Ist es ein Märchen oder Wirklichkeit?“ – „Das ist der Fluß, Ihr engstirnigen Sprosse unreifer Kastanien, und, ja, den Fluß gibt es natürlich wirklich!“ entfuhr es dem leicht entnervten Raben. Es gab diesen Herrn des Wassers also tatsächlich! Der Dichter wiederholte den Namen: „Fluß! Ein schöner Name! Welche Bedeutung wohl in ihm liegt?“ Da der Rabe wieder eins sein wollte mit sich und der Welt und die beiden neugierig-penetranten Igel hierbei nur störten, wies er ihnen schnell den Weg und schloß nach getaner Arbeit wieder beruhigt seine Augen. Der Beschreibung nach lag noch ein Marsch von zwei Tagen vor den Igeln. Sie bedankten sich artig und machten sich alsbald auf den Weg.

Als die beiden einige Zeit marschiert waren, sagte der Dichter: „Das Wort ,Fluß‘ inspiriert mich auf sonderbare Weise, seit ich es vernommen habe. Es löst ein wundervolles Gefühl in mir aus, das mich mit der Art von Frieden erfüllt, wie ich es von großen Gedichten kenne, die in wenigen Zeilen die Welt zu umschreiben vermögen. Auch wenn die Reise mühsam und voller Gefahren ist, lieber Weggefährte, so bereue ich sie doch nicht, sondern bin gespannt auf des Rätsels Lösung!“

Dem zweiten Igel behagte die aufkommende Neugier des Poeten gar nicht. „Ich für meinen Teil werde dieses viele Wasser nur von der Ferne beobachten und lediglich darauf achten, wie es auf seine Umwelt reagiert. Ich mache sicher nicht mehr als nötig!“

Je länger der erste Igel auf der Pilgerschaft zum unbekannten Naß war, desto interessanter fand er es, mehr über die Welt um ihn herum und auch das Wasser zu erfahren.

Natürlich hatte er seine Scheu nicht verloren, denn so etwas Fundamentales verliert man eben nicht innerhalb weniger Tage. Doch er war sicherlich der erste Igel seit langer Zeit, der das Wasser wenigstens in seine Gedanken einlud und es dabei nicht scheute.
Als sie sich am zweiten Tage einem langgezogenen Hügel näherten, kam ihnen plötzlich aus der Ferne ein eigenartiges Geräusch zu Ohren, das einem feinen, silbernen Flüstern glich und sie unangenehm an Regen erinnerte. Ihre Angst überwindend, querten sie nach kurzer Bedenkzeit den Kamm einer Anhöhe mit sanftgeschwungenen, saftiggrünen Moosen – und erstarrten danach sogleich zur Salzsäule! Vor ihren entsetzten Augen erstreckte sich eine breite, silberblaue Straße mit solch schrecklich gewaltigen Wassermassen, wie sie selbst der kühnste Igelalptraum nicht zu zeichnen fähig gewesen wäre. Sie wagten keinen Atem, keinen Schritt, ja selbst Gedanken schienen zu laut und hätten die Aufmerksamkeit nur unnötig auf sich gezogen. Die groteske Starre hielt einen ganzen Tag und eine ganze Nacht! Dabei blieben die Igel einfach nur geraden Blickes stehen und schauten weiter auf diese unglaublichen Wassermengen, die sich wild, ohne jegliche Geduld und doch harmonisch ihre Wege bahnten.

Im Stillen wuchs der Dichter dennoch langsam über sich hinaus. Fast vergaß er, mit welcher Gefahr er in Gedanken gerade spielte, denn in sich suchte er bereits einen Weg, dem Naß so nahe wie möglich zu kommen.

Während beide in ihren Bemühungen, den Fluß aus der Ferne ein wenig besser zu verstehen, noch immer wie angewurzelt verharrten, ergab es sich, daß ein alter Igel den Fluß entlangflanierte. Sie konnten es kaum fassen, als sie diesen Igel erblickten, der ohne jegliche Scheu in solch einer Nähe zum Wasser lief. Als ob das nicht gereicht hätte, beobachteten sie weiter, wie er mit einer Hand über das Wasser strich und sich anschließend sein Gesicht wusch.

Als der furchtlose Igel am Fluß die beiden verschreckten Gesichter auf der Anhöhe sah, mußte er herzhaft lachen. Er lief zu ihnen hinüber und fragte sie: „Ihr steht da, als ob Ihr einen Fuchs gesehen hättet! Was ist in Euch gefahren?“

Schnell erzählten die beiden ihre Geschichte, so daß auch der Alte nun das Erstaunen in ihren Gesichtern verstand. Dann sah er die beiden eine Weile sehr genau an und sagte zum gelehrten Igel: „Dir kann ich helfen! Nur Dir!“ Dieser wollte seinen kleinen Ohren nicht recht trauen, und so fragte er verblüfft: „Wie willst Du das anstellen? Ich scheue das Wasser doch, und dieser ,Fluß‘ hier bereitet mir obendrein noch Angst!“

Der Alte kniff die Augen zusammen und schaute dem verzweifelten Igel streng in die Augen, um dann fragend zu erwidern: „Wenn ich etwas besäße, das Dich dem Wasser nahe brächte, ohne daß Du aber von ihm berührt würdest, ohne daß Du Deine Scheu überwinden müßtest, würdest Du Dich dann auf dieses Abenteuer einlassen?“

Dies war natürlich der Traum des Igels, denn er wollte doch in Wirklichkeit gar nicht in Berührung kommen mit dem Naß. Er wußte von Beginn an nicht, was diese ganze Entdeckungsreise eigentlich für einen Zweck haben sollte, denn er wollte ja gar nichts entdecken. Er tat es eben, weil man es von ihm verlangt hatte. „Alles hat seinen Preis“, entgegnete er nun dem alten Igel. „Was ist der Preis für Deinen Trick?“
Der graue Igel wurde ein wenig traurig, er wandte seine Augen kurz zum Fluß und entgegnete abwesend: „Meine Hilfe kostet Dich nichts, mein Sohn, es ist der einzige Weg, Igel wie Dich zum Wasser zu führen, so daß Du sein herrliches Wesen wenigstens erahnen kannst!“ Geheimnisvoll fügte er noch hinzu: „Du wirst Dich jedoch auf meine Regeln und auf meinen Rat verlassen, wirst Dich auf meine Augen, auf mein Wort, auf meine Launen einstellen müssen und auf meine Gnade angewiesen sein. Du schuldest am Ende nur Dir selbst etwas, nämlich wertvolle Erfahrungen!“ – „Das macht mir gar nichts“, entfuhr es, ungeachtet der Tragweite dieses Appells, rasch dem jungen Gelehrten. „Doch wie wollt Ihr das anstellen?“

Der alte Igel berichtete nun von einem hölzernen Gegenstand, „Boot“ genannt, den er sich bei den Menschen abgeschaut hatte. Mit ihm könne man das Wasser überqueren, ohne dabei naß zu werden. Der Igel war begeistert! Alles bliebe so beim alten und er würde dem wuchtigen Drängen des königlichen Erlasses gerecht werden!

Kein Wort sprach der Alte jedoch mit dem Dichter, er ignorierte ihn sogar völlig, doch auch dieser sagte nichts zu alledem, denn der Vorschlag des erfahrenen Igels berührte ihn nicht. Einem solchen Kompromiß konnte er nicht das geringste abgewinnen, das Vehikel des Alten würde ihn ja doch von der eigenen Erfahrung getrennt halten. Es half alles nichts: Wenn er das Wasser und sein Geheimnis kennenlernen wollte, mußte er es unmittelbar an sich spüren und sehen, was es aus ihm macht …

So stand er da und beobachtete interessiert, wie die beiden sich vorbereiteten, um den Fluß zu überqueren. Es bedurfte langer und guter Zurede, bis der Gelehrte endlich in das hölzerne „Zaubervehikel“ stieg, das scheinbar schwerelos auf dem Wasser schwebte. Endlich Platz genommen, krallte sich der junge Igel augenblicklich an die Außenkante des Bootes und begann vor lauter Furcht zu zittern. Der Alte stieß das Boot behutsam mit einem langen Stab vom Ufer, und die Reise begann. Sie glitten nun sanft über das Wasser – welch’ schönes Bild, dachte der am Ufer zurückgebliebene Poet. Sein Wegbegleiter im Boot jedoch durchlebte die schlimmste Zeit seines Lebens. Er war nicht zu einem einzigen klaren Gedanken imstande. Wie in Trance ließ er sich vom alten, weisen Igel das Wasser und den Fluß erklären. Mal zeigte der Alte auf die linke Seite, während er von der erfrischenden Wirkung des Wassers für Leib und Seele berichtete, dann wies er auf die rechte Seite, als er vom ewigen Kreislauf des Wassers zu sprechen begann, dann wieder reckte er die Hand nach unten ins kühle Blau, um so die harmonischen Kreiswellen und das dahinterstehende Gesetz zu demonstrieren. Bei all den Lektionen folgte der junge Igel beinahe willenlos dem Fingerzeig seines Führers, als ob eine unsichtbare Schnur zwischen dem Finger des Lehrers und dem Haupt des Schülers befestigt wäre, und er prägte sich die Lehrsätze so gut wie möglich ein.

Den Igel am Ufer hielt es in der Zwischenzeit nicht mehr an der Stelle, er mußte weiter vor, näher ans Wasser, noch ein Stück und noch ein Stück, bis er ganz nahe am Fluß stand. Was war das für ein unbeschreibliches Glitzern, als ob sich das Funkeln der Sterne in den Fluten des Wassers verfangen hätte! Er sah die Kreiswellen um die herausragenden Steine und erkannte aus dem ihn umgebenden Leben selbst ein Gleichnis nach dem anderen. In Gedanken versunken bemerkte er zuerst gar nicht, daß sein Bein mittlerweile zart vom Wasser umflossen wurde. Kurz erschrak er und zog schnell den Fuß aus dem Wasser. Er empfand in diesem Augenblick jedoch auch eine wohlige Wärme in der Mitte seines Körpers, so daß seine Anspannung wich und er zuletzt sogar bis zum Bauch ins Wasser stieg.

Kleine kichernde Wellen hießen den Igel als Freund willkommen. Er war so froh, ließ sich dann vollends auf den Zauber dieses Momentes ein und dachte bald nur: „Herrlich!

Herrlich! Herrlich!“ Immer klarer wurde ihm das Geheimnis nun, immer strahlender sein Blick, immer wärmer sein Herz und immer größer das Glück, das ihn hier im Wasser so intensiv wie noch nie erfüllte. Irgendwann endete die Zwiesprache mit dem Fluß und alle Fragen waren beantwortet. Stille kehrte in ihm ein, kein Wort war mehr nötig, alle Sätze gesprochen. Er war aufgehoben, behütet, gedankenleer und dabei doch erfüllt von den Fluten wahren Lebens. Der Fluß des Lebens umgab ihn nun und alle Scheu und alle Angst vor dem Ertrinken, die Urangst der Igel, löste sich auf. Er war verliebt in das Leben, nichts mehr vermochte ihn nun zu brechen. Und selbst wenn er einst in tiefen Wassern ertrinken würde – er war heute ewiglich gerettet! –

Nach ihren erlebnisreichen Abenteuern bedankten sich die beiden Igel bei dem Alten für seine Geduld und seine unschätzbare Hilfe. Besonders der Gelehrte hatte ein großes Mitteilungsbedürfnis und redete unentwegt, berichtete, wie unglaublich interessant die Führung gewesen sei. Der weise Igel und der Poet indes schwiegen sanft. Sie sahen sich gelegentlich freundlich an und nickten wissend zu ihrem stummen Dialog – wie alte Freunde im Geiste.
Am nächsten Morgen machten sich die beiden Igel schließlich wieder auf die lange Heimreise, um ihrem Volk Kunde vom Wasser zu bringen.

Die Aufregung im Dorf war groß, und zur Feier der Rückkehr organisierte der König ein rauschendes Fest, an dessen Höhepunkt beide Abenteurer vor den versammelten Igeln von ihren Erlebnissen berichten sollten.

Nachdem das Fest nun seinen Höhepunkt erreicht hatte, bat der König den Gelehrten in ihre Mitte. „Bitte, berichte uns von Deiner Reise und teile Dein Wissen über das Wasser mit uns.“

Der Gelehrte begann nun von seiner beschwerlichen Reise zu berichten, vom knurrigen Raben und schließlich vom ehrfurchtgebietenden Großen Naß, das man „Fluß“ nannte. Dann begannen seine Abhandlungen über das Wasser. Er sprach von Wellen und Gesetzen, von über dem Wasser schwebenden Booten und von den Vermutungen, weshalb sie das können. Die Menge raunte in einer Mischung aus Bewunderung und Furcht. Die Igel verstanden nichts, das war ihren Blicken deutlich anzusehen, und dennoch jubelten sie lautstark, denn jene Umschreibung des Gelehrten glich der Fahrt auf einem Boot. Es trug sie in ihrer Scheu und gewährte ihnen zwar eine weitere interessante, jedoch auch dumpfe und erlebnisarme Fahrt, die weder Mut noch eigene Regsamkeit erforderte. Im Grunde zeichnete der Gelehrte nur seine Innenwelt nach – und diese war, ebenso wie die der anderen Igel, geprägt von einer tiefen Skepsis gegenüber dem Wasser. Deswegen liebten die Igel auch seine Berichte und sein Forschungsergebnis, das die Angst der Igel vor dem Wasser mit der Gefährlichkeit des Wassers erklärte. Sie mußten sich nicht einstellen auf das Naß, konnten weiter scheu ihre gewohnten Wege gehen und am Leben bequem vorbei leben! Die Fülle an Beobachtungen und Schlußfolgerungen, die der Gelehrte von seiner Reise mitbrachte, warfen derart viele neue Betrachtungen und Fragen auf, daß deren Beantwortung für etliche weitere scheue Igelgenerationen reichen würde. Doch alle diese Erörterungen lenkten nur noch weiter davon ab, das Element des Wassers endlich einfach zu erleben!

Indes war die Reaktion der Igel auf die Schilderungen des Dichters verhalten. Zwar berührten auch seine Reiseberichte tief, doch schienen seine Gedanken dem scheuen Volk letztlich einfach als zu gefährlich. Aus dem Geschilderten spürten die Igel unangenehm den Anstoß für Veränderungen, die für ihr laues Leben zu fundamental gewesen wären. Und so wich die lauschende Menge um den Dichter, der zum Erleben des Wassers anregen wollte, nach und nach, bis das bunte Treiben des Festes immer leiser wurde.

Der Gelehrte und sein Werk blieben fortan das Zentrum jedes Strebens nach Wahrheit in dem Igelvolk und keinen interessierte, daß dieses Wissen lebensfern und sinnlos war, daß es nur aus dem von Angst eingeengten Blickwinkel eines unmotivierten Igels hervorgegangen war. Der Dichter jedoch lebte von jenem Tage an abseits der Igelsiedlung als Eremit. Von seiner Weisheit, seiner Weitsicht wußte insgeheim ein jeder Igel – und alle, die von der Ablenkung der Welt ermüdet waren und sich unglücklich fühlten mit der Perspektivlosigkeit, die ein wasserscheues Leben mit sich brachte, wagten den Gang in seine Einsiedelei …

Nachdem der Eremit seine Geschichte erzählt hatte und die Versunkenheit von ihm wich, sah er hinüber zum Kalifen. Ein ergreifendes Bild bot sich ihm, denn die vorhin noch strengen, verzweifelten Blicke des Fürsten schienen aufgelöst in einer Herzlichkeit, der großes Verständnis vorausgegangen sein mußte. Seine harten Gesichtszüge waren mit der Welt versöhnt. Vor dem gerührten Eremiten stand ein Aşik – er liebte das Leben, das Leben liebte ihn.

Er bedankte sich demütig bei dem Eremiten für dessen Beharrlichkeit und sein unerschütterliches Vertrauen in ihn. „Die erste Geschichte lehrte mich meinen Weg finden. Wer aşik sein will, der muß seinen eigenen Weg gehen. Mit der zweiten Geschichte eröffnetest Du mir, daß auch der reinste Glauben immer nur für eine Spanne Zeit gut ist, für einen Abschnitt, und daß jedes starre Konzept mit der Zeit zur Leblosigkeit führen muß. Mit der letzten Geschichte erkannte ich, daß ich selbst in Aşik eintauchen, berührt werden muß und nicht von einem anderen erwarten kann, daß er mich zum Segen trägt. Die eigenen Erlebnisse sind die Perlen am Glasspiel des Lebens, nur sie beeindrucken so tief, daß ein wahrhafter Wandel des eigenen Wesens hin zum Guten und damit ein Leben in Allahs Nähe möglich ist!“

Der Eremit schwieg, denn er hatte sein Versprechen eingehalten. Er wußte, der Kalif war aşik mit dem Leben. Er reihte sich damit ein in die lange, stolze Ahnenreihe großer, weiser Herrscher, die ihrem Volk als bestes Vorbild dienten.

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